Viele Schmerzpatienten oder Menschen mit chronischen Erkrankungen fragen sich: Ist eine Kostenübernahme für medizinisches Cannabis durch die Krankenkasse möglich? Die kurze Antwort lautet: Ja, aber der Weg dorthin erfordert eine sorgfältige Vorbereitung. Sie müssen nachweisen, dass eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt und herkömmliche Therapien bei Ihnen versagt haben oder unzumutbar sind. Das Wichtigste vorab: Der Antrag muss unbedingt vor Beginn der Therapie gestellt und von Ihrer Kasse genehmigt werden.
- 1 Ihr Wegweiser zum erfolgreichen Antrag
- 2 Die rechtlichen Spielregeln verstehen
- 3 Die entscheidenden Voraussetzungen für eine erfolgreiche Genehmigung
- 4 Ihr Weg durch den Antragsprozess Schritt für Schritt
- 5 Was Sie tun können, wenn Ihr Antrag abgelehnt wird
- 6 Aus der Praxis: Herr Schmidts Weg zur Kostenübernahme
- 7 Fazit: Gut vorbereitet zum Erfolg
- 8 Zusammenfassung potenzieller Risiken und Nebenwirkungen
- 9 Quellen und Studien
- 10 Ihre häufigsten Fragen zur Kostenübernahme
- 10.1 Kann jeder Arzt medizinisches Cannabis verschreiben?
- 10.2 Wie lange hat die Krankenkasse Zeit für ihre Entscheidung?
- 10.3 Worin liegt der Unterschied zwischen Kassenrezept und Privatrezept?
- 10.4 Benötige ich für jede Verordnung einen neuen Antrag?
- 10.5 Kann ich die Kostenübernahme auch nachträglich beantragen?
Ihr Wegweiser zum erfolgreichen Antrag
Der Gedanke an Anträge und Bürokratie kann entmutigend sein. Doch keine Sorge: Dieser Prozess ist machbar. Dieser Ratgeber ist Ihr verlässlicher Begleiter, der Ihnen Schritt für Schritt zeigt, wie Sie gemeinsam mit einem erfahrenen Arzt einen überzeugenden Antrag auf Kostenübernahme für medizinisches Cannabis bei der Krankenkasse erstellen. Wir übersetzen das „Amtsdeutsch“ und geben Ihnen das Wissen an die Hand, das Sie für ein selbstbewusstes Gespräch mit Ihrem Arzt und Ihrer Krankenkasse benötigen.
Unser Fokus liegt dabei auf der Zusammenarbeit mit Ärzten, die Sie als Patient in den Mittelpunkt stellen und Sie kompetent durch den Prozess führen. Es geht darum, eine Brücke des Vertrauens zu bauen und Ihnen zu ermöglichen, fundierte Entscheidungen für Ihre Gesundheit zu treffen.
Was Sie in diesem Ratgeber erwartet
Dieser Artikel liefert Ihnen mehr als nur trockene Paragrafen. Sie erhalten eine klare, verständliche Anleitung, um gut informiert und vorbereitet zu sein.
Konkret erfahren Sie:
- Die rechtlichen Grundlagen: Was besagt das Gesetz und was bedeutet das konkret für Sie?
- Die entscheidenden Voraussetzungen: Welche Kriterien müssen für eine Genehmigung erfüllt sein?
- Der genaue Ablauf: Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung vom Arztgespräch bis zur Zusage.
- Umgang mit einer Ablehnung: Was Sie tun können, wenn der erste Antrag abgelehnt wird (und warum das oft nicht das Ende bedeutet).
Die Kosten einer Therapie mit medizinischem Cannabis können eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen. Daher ist die Zusage der Krankenkasse für die meisten Patienten essenziell. Um ein Gefühl für die Kosten zu bekommen, wenn Sie die Therapie selbst finanzieren müssten, empfehlen wir unseren Beitrag dazu, was medizinisches Cannabis kostet.
Betrachten Sie diesen Ratgeber als Ihren Kompass. Zusammen mit einem einfühlsamen Arzt, der die Fallstricke kennt, können Sie die Weichen für einen erfolgreichen Antrag stellen.
Die rechtlichen Spielregeln verstehen
Wer eine Kostenübernahme anstrebt, muss die Regeln kennen. Das ist die Basis für jeden erfolgreichen Antrag. Seit 2017 ist im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (§ 31 Abs. 6 SGB V) klar geregelt, wann Krankenkassen die Kosten für eine Cannabis-Therapie tragen müssen. Dieses Wissen ist Ihr wichtigstes Werkzeug.
Das Gesetz legt fest, dass Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung Anspruch auf eine Versorgung mit Cannabis in pharmazeutischer Qualität haben können, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Das bedeutet: Sie bitten nicht um einen Gefallen, sondern machen unter den richtigen Voraussetzungen einen gesetzlich verankerten Anspruch geltend.
Was genau ist eine "schwerwiegende Erkrankung"?
Dieser Begriff ist der Dreh- und Angelpunkt Ihres Antrags. Es geht hier nicht um leichte Beschwerden, sondern um Krankheitsbilder, die das Leben nachhaltig und tiefgreifend beeinträchtigen.
Es gibt keine feste Liste von Diagnosen, die automatisch genehmigt werden. Jeder Fall wird individuell geprüft. Eine Erkrankung gilt im Sinne des Gesetzes als schwerwiegend, wenn sie:
- lebensbedrohlich ist, oder
- die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.
Typische Beispiele sind chronische Schmerzerkrankungen, Multiple Sklerose, Epilepsie, Tourette-Syndrom oder schwere Symptome im Rahmen einer Krebstherapie. Die Herausforderung besteht darin, der Krankenkasse durch detaillierte Arztberichte und eine lückenlose Dokumentation eindrücklich zu vermitteln, wie sehr die Erkrankung Ihren Alltag einschränkt.
Der Grundsatz: Erst alle anderen Optionen ausschöpfen
Ein weiterer entscheidender Punkt: Sie müssen belegen, dass anerkannte Standardtherapien bei Ihnen nicht mehr wirken oder unzumutbar sind. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten nur, wenn andere Behandlungsoptionen entweder nicht zur Verfügung stehen, nicht den erhofften Erfolg brachten oder aufgrund starker Nebenwirkungen nicht vertragen wurden.
Im Fachjargon wird dies als "Austherapiert-Status" bezeichnet. Ihr Arzt muss nachweisen, dass die konventionellen Wege bereits erfolglos beschritten wurden.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer sauberen Dokumentation. Ihr Arzt muss präzise begründen, welche Medikamente und Therapien versucht wurden und warum sie scheiterten. Eine pauschale Aussage genügt nicht – die Argumentation muss für einen Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) nachvollziehbar sein.
Erst die Zusage, dann die Therapie
Die wichtigste Regel lautet: Erst die Genehmigung, dann das Rezept. Sie können nicht einfach auf Privatrezept mit der Cannabis-Therapie beginnen und im Nachhinein eine Kostenerstattung beantragen. Ein solcher Versuch wird fast immer abgelehnt.
Der Antrag auf Kostenübernahme für medizinisches Cannabis bei der Krankenkasse muss zwingend gestellt werden, bevor die Behandlung beginnt. Dieser sogenannte Genehmigungsvorbehalt schützt die Kassen vor unkontrollierten Ausgaben. In der Praxis reicht Ihr Arzt den Antrag bei Ihrer Kasse ein, die dann den Medizinischen Dienst (MD) zur Prüfung hinzuzieht. Planen Sie für diesen Prozess also genügend Zeit ein und lesen Sie mehr zur aktuellen Verordnung von medizinischem Cannabis in 2025, um die Hintergründe zu verstehen.
Die entscheidenden Voraussetzungen für eine erfolgreiche Genehmigung
Ein erfolgreicher Antrag ist kein Zufall, sondern das Ergebnis sorgfältiger Vorbereitung. Stellen Sie sich Ihren Antrag wie ein dreibeiniges Stativ vor: Jedes Bein muss stabil sein, sonst kippt die ganze Konstruktion. Gemeinsam mit Ihrem Arzt müssen Sie ein lückenloses und überzeugendes Bild zeichnen.
Der Medizinische Dienst (MD) prüft Ihren Antrag nach klaren Kriterien. Wenn Sie diese von Anfang an berücksichtigen, steigen Ihre Erfolgschancen erheblich.
Säule 1: Der Nachweis einer schwerwiegenden Erkrankung
Das Fundament ist der Nachweis einer „schwerwiegenden Erkrankung“. Wie bereits erwähnt, zählt hier Ihre persönliche Situation und die konkrete Beeinträchtigung Ihrer Lebensqualität. Ihr Arzt muss den Leidensweg detailliert nachzeichnen.
Unverzichtbare Dokumente hierfür sind:
- Aktuelle Facharztberichte: Bestätigen die Diagnose und beschreiben den aktuellen Zustand.
- Krankenhausentlassungsberichte: Liefern wertvolle Details zum Krankheitsverlauf.
- Detaillierte Befunde: MRT-Bilder, Laborwerte oder andere Diagnostik untermauern die Diagnose mit Fakten.
Es geht darum, die Auswirkungen der Krankheit auf Ihr Leben greifbar zu machen.
Säule 2: Die Dokumentation der ausgeschöpften Standardtherapien
An diesem Punkt scheitern viele Anträge. Eine lückenhafte Dokumentation der bisherigen Behandlungsversuche ist oft der Grund für eine Ablehnung. Ein Satz wie „Die üblichen Schmerzmittel haben nicht geholfen“ reicht nicht aus.
Tipp aus der Praxis: Ein Antrag hat deutlich bessere Chancen, wenn er eine chronologische Liste aller bisherigen Therapien enthält. Dazu gehören Name des Medikaments, Dosierung, Dauer der Einnahme und – ganz entscheidend – der Grund für das Absetzen (z.B. mangelnde Wirkung, unerträgliche Nebenwirkungen).
Diese akribische Auflistung signalisiert dem Gutachter, dass der konventionelle Weg konsequent verfolgt wurde, aber nicht zum Ziel führte. Alles, was Sie für ein ärztliches Attest benötigen, sollte sorgfältig gesammelt werden.
Säule 3: Die fundierte ärztliche Prognose
Die dritte Säule blickt in die Zukunft. Ihr Arzt muss eine begründete Einschätzung abgeben, warum er von einer Therapie mit medizinischem Cannabis eine spürbar positive Einwirkung auf Ihre Symptome oder den Krankheitsverlauf erwartet. Hier stützt er sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse und seine klinische Erfahrung. Eine Studie aus dem Journal of Pain Research deutet beispielsweise darauf hin, dass Cannabis bei chronischen neuropathischen Schmerzen wirksam sein kann [1].
Eine ausgewogene Darstellung ist hierbei wichtig. Ein erfahrener Arzt wird potenzielle Risiken, wie z.B. kognitive Beeinträchtigungen, im Kontext Ihrer individuellen Situation bewerten und die Vor- und Nachteile sorgfältig abwägen.
Checkliste für den Antrag auf Kostenübernahme
Diese Tabelle fasst die wichtigsten Kriterien und notwendigen Dokumente zusammen.
Voraussetzung | Beschreibung | Erforderliche Nachweise |
---|---|---|
Schwerwiegende Erkrankung | Die Krankheit beeinträchtigt die Lebensqualität stark oder ist lebensbedrohlich. | Facharztberichte, Befunde (MRT, Labor etc.), Krankenhausberichte. |
Austherapierter Zustand | Standardtherapien waren erfolglos oder sind aufgrund von Nebenwirkungen unzumutbar. | Chronologische Liste der Therapieversuche mit Dosierung, Dauer und Grund für das Absetzen. |
Positive Prognose | Es besteht die begründete Aussicht auf eine spürbare Besserung durch Cannabis. | Detaillierte ärztliche Begründung, gestützt auf Studien und klinische Erfahrung. |
Diese drei Säulen bilden das Fundament Ihres Antrags auf Kostenübernahme für medizinisches Cannabis bei der Krankenkasse.
Ihr Weg durch den Antragsprozess Schritt für Schritt
Der Prozess zur Kostenübernahme ist klar geregelt. Mit einem erfahrenen Arzt an Ihrer Seite und einem guten Überblick über die einzelnen Etappen ist der Weg gut zu meistern. Sehen Sie die folgenden Schritte als Ihre persönliche Checkliste.
Schritt 1: Das Arztgespräch und die Therapieentscheidung
Alles beginnt mit einem vertrauensvollen Gespräch mit einem Arzt, der Erfahrung mit Cannabinoid-Therapien hat. Ein spezialisierter Arzt kennt die typischen Hürden des Verfahrens und kann Sie optimal vorbereiten. Hier erfahren Sie, welche Ärzte Cannabis verschreiben dürfen und wie Sie den passenden Experten finden. In dieser Phase wird Ihre gesamte Krankengeschichte akribisch zusammengetragen.
Warnung: Versuchen Sie niemals eine Eigenmedikation mit Cannabis vom Schwarzmarkt. Sie haben keine Kontrolle über die Qualität, Reinheit und Wirkstoffkonzentration. Dies kann unvorhersehbare gesundheitliche Risiken bergen und erschwert zudem den offiziellen Weg zur Kostenübernahme erheblich.
Schritt 2: Die Zusammenstellung der Unterlagen
Gemeinsam mit Ihrem Arzt sammeln Sie alle medizinischen Dokumente, die für den Antrag relevant sind. Die Qualität und Vollständigkeit dieser Unterlagen sind entscheidend für den Erfolg.
Dazu gehören:
- Ein ausführliches ärztliches Gutachten, das Ihre Diagnose bestätigt und die Notwendigkeit der Cannabis-Therapie begründet.
- Eine lückenlose Dokumentation aller bisherigen Behandlungsversuche und deren Scheitern.
- Facharztberichte, Befunde und Klinikberichte, die Ihr Krankheitsbild untermauern.
Schritt 3: Antragstellung und Einreichung
Sobald alle Unterlagen komplett sind, füllt Ihr Arzt den offiziellen Antrag auf Kostenübernahme aus. Viele Krankenkassen bieten hierfür eigene Formulare an. Der fertige Antrag wird dann zusammen mit allen Nachweisen bei Ihrer Krankenkasse eingereicht.
Schritt 4: Die Prüfung durch den Medizinischen Dienst
Nach Eingang des Antrags hat die Krankenkasse eine gesetzliche Frist zur Entscheidung. Fast immer wird der Medizinische Dienst (MD) eingeschaltet, dessen Gutachter die medizinische Notwendigkeit prüfen.
Die Fristen sind klar geregelt:
- Drei Wochen bei einer Entscheidung ohne MD (selten).
- Fünf Wochen, wenn der MD ein Gutachten erstellt (Regelfall).
Die folgende Infografik zeigt den Prozessablauf.
Die Zahlen zeigen eine steigende Akzeptanz: Der Umsatz für cannabinoidhaltige Arzneimittel über die GKV stieg von 74 Mio. € (2018) auf über 209 Mio. € (2023).
Schritt 5: Die Entscheidung der Krankenkasse
Am Ende erhalten Sie einen schriftlichen Bescheid. Eine Zusage ist der Idealfall. Ein Ablehnungsbescheid muss eine nachvollziehbare Begründung enthalten, die Ihnen wichtige Ansatzpunkte für einen möglichen Widerspruch liefert.
Was Sie tun können, wenn Ihr Antrag abgelehnt wird
Ein Ablehnungsbescheid ist ein Schock, aber oft nicht das letzte Wort. Tatsächlich wird etwa jeder dritte Antrag im ersten Anlauf abgelehnt. Sie sind also nicht allein. Wichtig ist jetzt, die Gründe zu analysieren und überlegt zu reagieren.
Analysieren Sie die Ablehnungsgründe ganz genau
Lesen Sie die Begründung Ihrer Krankenkasse Wort für Wort. Hier finden Sie die Hinweise, wo der Medizinische Dienst (MD) Lücken in Ihrer Argumentation gesehen hat.
Typische Gründe für eine Ablehnung sind:
- Unvollständige Dokumentation: Die bisherigen Therapieversuche waren nicht detailliert genug beschrieben.
- Fehlende ärztliche Begründung: Die Prognose Ihres Arztes war dem Gutachter nicht stichhaltig genug.
- Formale Fehler: Fehlende Unterlagen oder falsch ausgefüllte Formulare.
Die Begründung der Kasse ist Ihre Roadmap für die nächsten Schritte.
Der Widerspruch ist Ihr gutes Recht
Gegen den Bescheid können Sie innerhalb eines Monats schriftlich Widerspruch einlegen. Diese Frist ist bindend. Zur Fristwahrung genügt zunächst ein formloser Satz, die ausführliche Begründung reichen Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt nach.
Der Schlüssel zu einem erfolgreichen Widerspruch liegt fast immer in einer ergänzenden, noch detaillierteren ärztlichen Stellungnahme. Ihr Arzt kann hier gezielt auf die Kritikpunkte des MD eingehen.
Bitten Sie Ihren Arzt, die Argumentation zu schärfen. Vielleicht können bisherige Behandlungen noch genauer beschrieben oder die positive Prognose durch weitere Studien untermauert werden. Jeder zusätzliche Beleg kann den entscheidenden Unterschied machen.
Was passiert nach dem Widerspruch?
Nach Eingang des Widerspruchs prüft die Kasse Ihren Fall erneut. Führt auch dies nicht zum Erfolg, bleibt als letzte Instanz der Weg vor das Sozialgericht. Dieser Schritt kann sich lohnen, denn Klagen waren in der Vergangenheit oft erfolgreich.
Aus der Praxis: Herr Schmidts Weg zur Kostenübernahme
Graue Theorie hilft oft nur bedingt. Lassen Sie uns deshalb den Weg von Herrn Schmidt begleiten, einem fiktiven Patienten, der diesen Prozess durchlaufen hat. Herr Schmidt, 58 Jahre alt, leidet seit über einem Jahrzehnt an chronischen neuropathischen Schmerzen nach mehreren Bandscheibenvorfällen. Sein Leben ist ein ständiger Kampf.
Er hat alles versucht: Opioide, Antidepressiva, Physiotherapie. Die Nebenwirkungen der starken Medikamente – Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Magenbeschwerden – machten ihm zusätzlich zu schaffen. Er fühlte sich gefangen.
Die erste Hürde: Der Informationsdschungel
Frustriert stieß Herr Schmidt bei seiner Recherche auf medizinisches Cannabis. Die Informationen waren widersprüchlich, und er wusste nicht, wie er das Thema bei seinem Arzt ansprechen sollte. Schließlich fand er einen spezialisierten Arzt mit Erfahrung in der Cannabinoidtherapie. Dieses erste Gespräch war der Wendepunkt.
„Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass ein Arzt nicht nur meine Symptome sieht, sondern meinen ganzen Leidensweg versteht“, erzählte Herr Schmidt später. „Er hat mir keine Wunder versprochen, aber einen realistischen Weg aufgezeigt.“
Gemeinsam zum Ziel: Der Antrag
Der Arzt erklärte Herrn Schmidt Schritt für Schritt, welche Unterlagen für den Antrag bei der Krankenkasse für medizinisches Cannabis nötig sind. Sie sammelten akribisch alle Befunde und dokumentierten jeden gescheiterten Behandlungsversuch.
Das Herzstück war die ärztliche Begründung. Der Arzt legte dar, warum eine gut begründete Aussicht bestand, dass Cannabis seine Schmerzen und Schlafqualität verbessern könnte. Auch mögliche Risiken wie Schwindel wurden erwähnt, aber im Vergleich zu den Nebenwirkungen der Opioide als das kleinere Übel eingestuft.
Vier Wochen nach Einreichung kam die erlösende Nachricht: Die Krankenkasse stimmte zu. Der Bedarf ist groß: Im ersten Quartal 2023 wurden in Deutschland 38.500 Patienten mit medizinischem Cannabis auf Kassenkosten versorgt. Mehr zur Entwicklung des Marktes für medizinisches Cannabis können Sie hier nachlesen. Für Herrn Schmidt war die Genehmigung der erste Schritt in ein Leben mit weniger Schmerz.
Fazit: Gut vorbereitet zum Erfolg
Der Weg zur Kostenübernahme für medizinisches Cannabis durch die Krankenkasse ist kein Sprint, sondern ein Marathon, der sich lohnt. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer sorgfältigen Vorbereitung, einer lückenlosen Dokumentation und der engen Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Arzt.
Denken Sie daran:
- Ein schwerwiegendes Krankheitsbild und der Nachweis ausgeschöpfter Standardtherapien sind die Grundpfeiler Ihres Antrags.
- Ihr Arzt ist Ihr wichtigster Partner. Seine detaillierte Begründung ist entscheidend.
- Eine Ablehnung ist oft nicht das Ende. Nutzen Sie Ihr Recht auf Widerspruch.
Der wichtigste Schritt, den Sie jetzt tun können, ist, das Gespräch mit einem qualifizierten Arzt zu suchen. Nur ein Experte kann Ihre individuelle Situation beurteilen und Sie kompetent auf dem Weg zur Therapie und zur möglichen Kostenübernahme begleiten. Trauen Sie sich, diesen Schritt zu gehen – für Ihre Gesundheit und Ihre Lebensqualität.
Zusammenfassung potenzieller Risiken und Nebenwirkungen
Auch eine ärztlich begleitete Therapie mit medizinischem Cannabis ist nicht frei von Risiken. Eine offene Kommunikation über mögliche Nebenwirkungen ist Teil einer verantwortungsvollen Behandlung. Hier sind die wichtigsten potenziellen Risiken im Überblick:
- Kognitive Beeinträchtigungen: Insbesondere zu Beginn der Therapie können Konzentration, Kurzzeitgedächtnis und Reaktionsvermögen beeinträchtigt sein.
- Psychische Effekte: Stimmungsänderungen, Angstgefühle oder in seltenen Fällen Paranoia sind möglich.
- Kreislaufprobleme: Schwindel, Blutdruckabfall oder Herzrasen können auftreten, besonders bei der ersten Anwendung oder Dosisanpassung.
- Wechselwirkungen: Cannabis kann die Wirkung anderer Medikamente (z. B. Beruhigungsmittel, Blutverdünner) beeinflussen. Eine Abstimmung mit dem Arzt ist unerlässlich.
- Fahrtüchtigkeit: Die Fähigkeit, ein Fahrzeug zu führen oder Maschinen zu bedienen, kann eingeschränkt sein. Dies muss individuell mit dem Arzt geklärt werden.
- Abhängigkeitspotenzial: Wie bei vielen Dauermedikationen besteht auch bei Cannabis ein gewisses Potenzial für eine psychische Abhängigkeit.
Quellen und Studien
[1] Andreae, M. H., Carter, G. M., Gatlin, P. J., et al. (2015). Inhaled Cannabis for Chronic Neuropathic Pain: A Meta-analysis of Individual Patient Data. Journal of Pain Research, 16(7), 441-447.
Ihre häufigsten Fragen zur Kostenübernahme
Hier finden Sie kurze und prägnante Antworten auf die Fragen, die uns in der Praxis am häufigsten begegnen.
Kann jeder Arzt medizinisches Cannabis verschreiben?
Ja, grundsätzlich darf jeder approbierte Arzt (außer Zahn- und Tierärzten) medizinisches Cannabis verordnen. In der Praxis ist es jedoch ratsam, sich an Ärzte zu wenden, die auf diesem Gebiet spezialisiert sind. Sie kennen die Fallstricke im Antragsverfahren bei den Krankenkassen und können den Prozess durch ihre Erfahrung erheblich erleichtern.
Wie lange hat die Krankenkasse Zeit für ihre Entscheidung?
Die Fristen sind gesetzlich geregelt. In der Regel hat die Krankenkasse **drei Wochen** Zeit für eine Entscheidung. Da jedoch fast immer der Medizinische Dienst (MD) ein Gutachten erstellt, verlängert sich die Frist in der Praxis meist auf **fünf Wochen**. Nach Ablauf dieser Frist sollten Sie nachhaken.
Worin liegt der Unterschied zwischen Kassenrezept und Privatrezept?
Ein Kassenrezept erhalten Sie, nachdem Ihre Krankenkasse die Kostenübernahme genehmigt hat. Sie zahlen dann nur die übliche Zuzahlung. Auf einem Privatrezept hingegen tragen Sie die vollen Kosten der Therapie selbst. Deshalb ist die Genehmigung durch die Kasse für die meisten Patienten entscheidend.
Benötige ich für jede Verordnung einen neuen Antrag?
Nein. Sobald die Krankenkasse die Kostenübernahme für eine bestimmte Therapie (z. B. eine spezifische Blütensorte oder ein Extrakt) einmalig genehmigt hat, gilt diese Zusage für die Dauer der Behandlung. Ihr Arzt kann Ihnen dann ohne weiteren Antrag Folgerezepte auf einem Kassenrezept ausstellen.
Kann ich die Kostenübernahme auch nachträglich beantragen?
Nein, das ist ein entscheidender Punkt. Der Antrag auf Kostenübernahme muss immer **vor Therapiebeginn** gestellt und bewilligt werden. Eine nachträgliche Erstattung von Kosten, die durch ein Privatrezept entstanden sind, ist gesetzlich ausgeschlossen und wird von den Kassen konsequent abgelehnt.